Orgelbau Waltershausen GmbH
Oßmannstedt

Oßmannstedt

Restaurierung 2010

Erbauer: Johann Benjamin Witzmann, Baujahr: 1810


Disposition:

Hauptwerk, C – f“‘
Bordun16′
Principal8′
Hohlflöte8′
Viola di Gamba8′
Grobgedact8′
Octave4′
Sesquialter2fach
Mixtur5fach
Oberwerk, C – f“‘
Principal4′
Liebl. Gedact8′
Flauto traverso8′
Quintatön8′
Salicional8′
Flutedouce4′
Scharff3fach
Blockflöte2′(als Vox humana 8′ bezeichnet)
Pedal, C – c‘
Violonbaß16′
Subbaß16′
Principalbaß8′
Octavenbaß8′
Posaunenbaß16′

Anzahl der Register: 21

Stimmtemperatur: 494 Hz bei 18° C

Stimmung: Neidhardt III

Winddruck: 62 mm WS


Zur Restaurierung der Witzmann-Orgel in Oßmannstedt

Die Orgel wurde im Jahre 1810 von Johann Benjamin Witzmann aus Stadtilm erbaut. Die Werkstatt stand in engem Kontakt mit der berühmteren Firma Schulze-Paulinzella, die Inhaber erhielten ihre Ausbildung wechselseitig in dem jeweilig anderen Betrieb. Somit kann J.B.Witzmann zu dem Weimarer Kreis um Johann Gottlob Töpfer gerechnet werden, der wenig später mit seinem Standardwerk „Theorie und Praxis des Orgelbaues“ als Wegbereiter der romantischen Orgel gilt. Ihm selbst kann man hohe handwerklich – künstlerische Fähigkeiten bescheinigen, die er in seinem kurzen Leben (1782-1814) allerdings viel zu wenig unter Beweis stellen konnte.

Die Konstruktion der Orgel ist von dem Ehrgeiz geprägt, ein Instrument von beachtlicher Größe auf einer äußerst beengten Empore unterzubringen. Um unter dem seitlich, in Harfenfeldern aufgestellten Nebenwerk auch noch Durchgänge frei zu halten, baute er eine geradezu abenteuerlich anmutende Tontraktur. Zwei Prospektpfeifen sollten ursprünglich in den ausgehöhlten, runden Säulen stehen. Bemerkenswert sind auch die Pedalladen mit doppelten Spunddeckeln und Intarsien am Kanzellenrahmen (!), möglicherweise ein Prüfungsstück. Die Porzellanschilder der Registerzüge dürften zu den ältesten ihrer Art gehören (erstmals 1806 durch Ratzmann bezeugt).

Der eigentliche Wert offenbart sich jedoch im Klang der reichhaltig disponierten und fast vollständig mit Originalstimmen besetzten Orgel. Er zeigt sich überaus angenehm und wandlungsfähig, so daß ein sehr breites Repertoire an Orgelmusik überzeugend dargestellt werden kann. Die Stimmung der Orgel ist im damals üblichen Chorton erfolgt, der ziemlich genau zwei Halbtöne über unserer heutigen Normstimmung lag. Zwischendurch durch Umhängen der Traktur (unter Verlust des Tones C) angepaßt, haben wir bei der Restaurierung nun wieder die ursprünglichen Verhältnisse hergestellt. Die damals gelegte Stimmtemperatur konnte nicht mehr nachgewiesen werden. Eine exakt gleichstufige Temperierung dürfte jedoch damals kaum verwendet worden sein. Um eine leichte Tonartencharakeristik ohne Einschränkung der zu verwendenden Tonarten zu erzielen, entschieden wir uns hier für „Neidhardt III“.

Nach nunmehr 200 Jahren treuen Diensten war eine umfangreiche Restaurierung des Werkes notwendig. Alle Teile, insbesondere die Windladen wurden sorgfältig instand gesetzt. Die Tonkanzellen mußten z. T. durch Ausspänen neu verleimt werden, die meisten Belederungen waren brüchig und zu ersetzen. Die Drähte der Tontrakturen mußten, angesichts der völligen Unzugänglichkeit vieler Teile, komplett erneuert werden. Die ursprüng­liche Balganlage ist nicht ohne größeren Aufwand zu restaurieren, da die Tür der Turmkammer später verkleinert und teilweise zugemauert wurde. Deshalb wurde ein neues Gebläse und ein neuer Balg ins Orgelgehäuse eingebaut, so daß nunmehr die Luft nicht mehr aus dem Kirchturm entnommen wird.

Größeren Restaurierungsaufwand gab es auch am oft dünnwandigen, weichen Pfeifenwerk, nachdem nicht alle Generationen verantwortlich damit umgegangen waren. Die Holzpfeifen hatten durch Holzwurmbefall erheblich gelitten. Von der zuletzt ausgebauten Posaune 16“ mußten verschollene Teile ersetzt werden. Die Prospektpfeifen und das Register Scharff im Positiv wurden rekonstruiert. Nun erklingt die Orgel wieder in ihrer vollen Klangschönheit, hoffentlich noch lange zur Ehre Gottes und zur Freude der Gemeinde und aller Orgelliebhaber.

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