Neubau 2011
Orgel der kath. Herz-Jesu-Kirche in Weimar
Disposition:
Hauptwerk, C/Cs Seite, vorn (M I) Tonumfang C-c““ | ||
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1. Praestant | 16′ | Prospekt |
2. Principal | 8′ | |
3. Gemshorn | 8′ | |
4. Bordun | 8′ | |
5. Quintatön | 8′ | |
6. Octave | 4′ | |
7. Gemshorn | 4′ | |
8. Octave | 2′ | |
9. Sesquialtera | 2 fach | Gruppenzug von 10 u. 11 |
10. (Auszug) | 2 2/3′ | |
11. (Auszug) | 1 3/5′ | |
12. Mixtur 4fach | 2′ | |
13. Großmixtur 4-6 fach | 5 1/3′ | Gruppenzug mit 12 |
Oberwerk, links, quer (M II) | ||
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14. Quintatön | 16′ | |
15. Principal | 8′ | |
16. Viola di Gamba | 8′ | |
17. Dolce | 8′ | |
18. Rohrflöte | 8′ | |
19. Octave | 4′ | |
20. Vox coelestis | 8′ | ab c° |
21. Flauto amabile | 4′ | |
22. Nachthorn | 4′ | |
23. Octave | 2′ | |
24. Cornett | 3 fach | Gruppenzug von 25, 26 und 27 |
25. (Auszug) | 2 2/3′ | |
26. (Auszug) | 2′ | |
27. (Auszug) | 1 3/5′ | |
28. Mixtur 4 fach | 1 1/3′ | |
29. Fagott | 16′ | |
30. Trompete | 8′ | [T] |
31. Tremulant |
Schwellwerk, rechts, quer (M III) | |
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32. Liebl. Gedackt | 16′ |
33. Hohlflöte | 8′ |
34. Geigenprincipal | 8′ |
35. Salicional | 8′ |
36. Harmonika | 8′ |
37. Liebl. Gedackt | 8′ |
38. Geigenprincipal | 4′ |
39. Traversflöte | 4′ |
40. Dolce | 4′ |
41. Flageolett | 2′ |
42. Oboe | 8′ |
43. Tremulant |
Pedal, C-g“‘ | ||
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44. Subbass | 16′ | |
45. Violonbass | 16′ | |
46. Octavbass | 8′ | |
47. Salicetbass | 16′ | |
48. Violoncello | 8′ | |
49. Quintbass | 10 2/3′ | |
50. Posaune | 16′ | |
51. Principalbass | 16′ | [T aus HW] |
52. Quintatönbass | 8′ | [T aus HW] |
53. Bordunbass | 8′ | [T aus HW] |
54. Octavenbass | 4′ | [T aus HW] |
55. Mixturbass 4 fach | 2′ | [T aus HW] |
56. Quintatönbass | 16′ | [T aus OW] |
57. Trompetenbass | 8′ | [T aus OW] |
58. Liebl. Gedackt | 16′ | [T aus SW] |
59. Liebl. Gedackt | 8′ | [T aus SW] |
60. Lisztharmonika | 16′ | [T aus FW] nur elektronisch |
Fernwerk, ohne eigene Klaviatur in der Kuppel der Vierung (elektrisch angeschlossen) – Multiplex-Kastenlade | ||
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61. Aeoline | 8′ | 6 Oktaven |
62. | 16′ | (Auszug aus Nr. 61) ab c° |
63. | 4′ | (Auszug aus Nr. 61) |
64. | 2′ | (Auszug aus Nr. 61) repetiert ab cs“‘ in 4′ |
65. Copula aetherea | 8′ | 6 Oktaven |
66. | 16′ | (Auszug aus Nr. 65) ab c° |
67. | 4′ | (Auszug aus Nr. 65) |
68. | 2′ | repetiert ab cs“‘ in 4′ (nur elektronisch) |
69. Unda maris | 8′ | c°-f “‘ |
70. Lisztharmonika | 16′ | 6 Oktaven Harmoniumzungen, 1 Oktave labialer Streicher |
71. | 8′ | (Auszug aus Nr. 70) |
72. | 4′ | (Auszug aus Nr. 70) |
Koppeln:
Manualkoppeln | |
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73. OW-HW | mechanisch |
74. SW-HW | mechanisch |
75. SW-OW | mechanisch |
76. FW-HW | elektronisch |
77. FW-OW | elektronisch |
78. FW-SW | elektronisch |
Pedalkoppeln | |
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79. HW-P | mechanisch |
80. OW-P | mechanisch |
81. SW-P | mechanisch |
82. FW-P | elektronisch |
Ein Orgelneubau ist eine sehr verantwortliche Aufgabe, soll dieses Instrument doch mindestens für Jahrzehnte, im günstigsten Fall für Jahrhunderte vielfältigen musikalischen Aufgaben gerecht werden, klangästhetisch langfristig überzeugen und zuverlässig mit geringem Pflegeaufwand funktionieren. Nicht zuletzt muß eine äußere Gestaltung gefunden werden, die mit der Architektur des Raumes in eine angenehme Korrespondenz tritt und die auch, ohne durch Extravaganz raumbeherrschend zu werden, einen wirkungsvollen Akzent setzt. Entsprechend sorgfältig muß ein solches Projekt geplant werden.
Aufgaben der Orgel:
Die Orgel wurde von der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ als große Konzert- und Übungsorgel beauftragt. Hierzu schloß man einen Kooperationsvertrag mit der kath. Kirchengemeinde, so dass sie in der Herz- Jesu-Kirche aufgestellt werden konnte. Somit hat sie auch gleichrangig liturgische Funktion für das Gemeindeleben und beide Seiten können von dieser Kooperation profitieren, die vielfältige und interessante Möglichkeiten eröffnet. Der Musikhochschule steht in räumlicher Nähe zur Hochschule ein hervorragender sakraler Raum mit einem attraktiven Instrument für die Ausbildung zur Verfügung, so daß Studenten unter den realistischen Bedingungen einer Kirchenakustik arbeiten können. Abgesehen von der finanziellen Entlastung kann die Kirchengemeinde am großen musikalischen Angebot der Hochschule partizipieren. Die Kirche rückt dadurch mehr ins Blickfeld einer breiteren Öffentlichkeit und mancher Besucher wird so in die Kirche kommen, der sonst diesen Weg nicht fände.
Eine Franz-Liszt-Gedächtnis-Orgel?
Mindestens drei Gründe sprechen für eine solche Ausrichtung:
Neben dem Namen der Musikhochschule ist es auch der 200. Geburtstag Franz Liszts, der in diesem Jahr gefeiert wird und im Mittelpunkt des kulturellen Geschehens steht.
Nicht zuletzt erinnert der Name auch daran, daß es Franz Liszt war, der europaweit für den Kirchenbau der Herz-Jesu-Kirche Gelder einwarb und sich überdies mit seinem eigenen Vermögen beteiligte.
Franz Liszt schrieb zwar Werke für Orgel, war aber kein Orgeltheoretiker, der selbst Orgelkonzepte entwickelte, wie z.B. J.S. Bach oder J.P. Kellner. Besonders inspiriert hat ihn jedoch die Ladegast-Orgel in Merseburg, deren Innovationen er zu schätzen wußte.
An der Peternell-Orgel von Denstedt wurden regelmäßig „Orgelkonferenzen“ abgehalten und gemeinsam mit W.Gottschalk und J.G.Töpfer kann man von einer Weimarer Orgelschule sprechen, die wiederum über die damit verbunden Orgelbauer, insbesondere Schulze-Paulinzella, weit über die deutschen Grenzen hinaus wirksam wurde. Wesentliche Grundzüge der romantischen Orgel wurden dabei entwickelt, ohne jedoch den Boden des spätbarocken Orgelbaus zu verlassen. So entstand ein Orgeltyp, der im besten Sinne des Wortes eine Universalorgel darstellt.
Bei unserer Konzeption ging es nun nicht darum, eine Orgel jener Zeit zu kopieren, sondern, anknüpfend an diese Tradition (die damals wenig später durch die Industrialisierung und Standardisierung abbrach) die Ideen weiter zu entwickeln und mit modernen elektronischen Spielhilfen zu ergänzen. Die entstandene Orgel ist also besonders für die Orgelmusik der deutschen Romantik geeignet, darüber hinaus läßt sich aber auch ein Großteil sonstigen Repertoirs adäquat darstellen. Wichtig war es uns dabei, daß die Orgel in sich „organisch“ ist und nicht in Werke verschiedener Stilrichtungen zerfällt.
Zur Aufstellung und Konzeption des Instrumentes:
Als Aufstellungsort für eine größere Orgel kam nur der Platz auf der Ostempore in Frage, den auch die Vorgängerorgel eingenommen hatte. Die Empore ist für eine Konzertorgel durchaus von ausreichender Größe, allerdings werden die Möglichkeiten stark eingeschränkt durch die Vorgabe der Gemeinde, die Fensterrosette frei zu halten. Da es sich (ungewöhnlicher Weise) um die Ostseite handelt, wo gerade am Vormittag das meiste Licht einfällt, ist dieser Wunsch verständlich und berechtigt. Bei der Planung einer Orgel ist nicht nur die vorhandene Kubikmeterzahl von Bedeutung, es muß ein Konzept gefunden werden, welches vor allem auch akustische Gegebenheiten berücksichtigt. Wichtig ist auch eine gute Zugänglichkeit zum Werk, da sonst die Pflege behindert und damit teurer wird. Äußerst nachteilig ist der Treppenturm, der jedoch zu den nicht zu verändernden Gegebenheiten gehört. So gesehen ist der Aufstellungsraum doch recht eingeschränkt und die Disposition und Konzeption der Orgel mußte dies alles mit berücksichtigen.Den Platzverhältnissen geschuldet, wurde auf eine mechanische Registertraktur verzichtet. Die Züge sind jedoch als (elektrisch betätigte) traditionelle Manubrien angelegt. Darüber hinaus sind moderne Registrierhilfen in Form eines elektronischen Setzers eingebaut.Im Sinne der spätromantischen Ästhetik ist als viertes Manualwerk, ohne eigene Klaviatur, ein elektrisch angesteuertes Fernwerk angelegt, welches, hoch oben in der Kuppel aufgestellt, für ätherische und effektvolle Klänge sorgt.
Gehäuse, Gestaltung:
Die Orgel bildet einen neuen optischen Schwerpunkt des Raumes. Dies läßt sich, allein durch ihre Größe, nicht verhindern. Es galt eine Lösung zu finden, die den Bezug zum Raum herstellt, dem technischen Aufbau des Werkes Rechnung trägt und den gewünschten Lichtdurchfluß frei gibt. Stilistisch soll sie an den neogotischen Raum anknüpfen, der ja auch zeitlich zur Konzeption der Orgel paßt. Andererseits sollte nicht der Eindruck entstehen, daß hier vielleicht eine neue Orgel in ein altes Gehäuse gebaut wurde. Deshalb wurde bewußt helles Buchenholz ausgewählt. Das Zierwerk greift zwar auf historische Elemente zurück, diese sind jedoch frei in neuer Weise gestaltet und auch die Bearbeitung unterscheidet sich von historischen Techniken. Andererseits ist alles in Massivholzbauweise und traditioneller handwerklicher Arbeit gefertigt. Der Spieltisch wurde besonders aufwendig gestaltet, auch hier sollte eine Synthese aus traditionellen Elementen und der modernen Technik hergestellt werden.